„Wir sind sehr stolz darauf, was in Schöneiche geschafft wurde“

Ein Gespräch mit René Jerratsch, Trainer des Männer-Regionalmeisters TSGL Schöneiche II

 

Wie bei den Frauen im Gespräch mit dem Meistertrainer des Berliner Volleyballvereins Vorwärts auf dieser Homepage ist die Vorbemerkung für die Männer unisono: Nach zwei Spielzeiten in der Regionalliga Nordost mit Saisonabbrüchen (2019/2020 und 2020/21) wurde die Saison 2021/2022 endlich bis zum Ende durchgespielt. Den nordostdeutschen Meistertitel holte sich eigentlich erwartungsgemäß und in souveräner Manier die zweite Mannschaft der TSGL Schöneiche. Schöneiche knüpfte damit an den Titelerfolg von 2018/2019 an. In der Vereinsgeschichte ist es bereits die dritte nordostdeutsche Meisterschaft, denn vor 15 Jahren, in der Saison 2006/2007, feierte der damalige Regionalliga-Neuling mit seiner ersten Mannschaft den ersten Titelgewinn. Der ehemalige Regional-Pressewart JÜRGEN HOLZ sprach mit RENÈ JERRATSCH, dem langjährigen Trainer der Meistermannschaft.

 

Vor Saisonbeginn hatte der Vizekapitän Ihrer Mannschaft, Thomas Murach, darauf verwiesen, dass die eine oder andere personelle Veränderung kompensiert werden müsse, aber wir streben den Meistertitel an. Hätten Sie als Trainer damals diese Prognose auch unterschrieben?

Um eine Bemerkung gleich vorweg zu machen: Wir sind sehr stolz darauf, was in Schöneiche geschafft wurde, stolz auch darauf, einen so gut spielenden Unterbau zur ersten Mannschaft zu haben, die als Aufsteiger nächste Saison in der 2. Bundesliga Nord spielen wird. Für die Regionalligateams um uns herum war es vermutlich klar, dass wir wieder ein bedeutendes Wort bei der Titelvergabe mitzureden haben. Davon gingen auch wir aus. Dabei dürfen wir aber nicht vergessen, dass die vorangegangenen beiden Saisons unter Corona beeinflusst wurden und dazu geführt haben, dass wir nicht schon vorher unseren angepeilten Meistertitel perfekt machen konnten und wir konnten auch nicht aufsteigen, weil bekanntlich unsere erste Mannschaft noch in der Dritten Liga Nord spielte. Letztlich sind Teams aufgestiegen, die sich nun wieder im Abstieg befinden. Diese Teams haben in ihrer Leistungsklasse gefehlt. Das hat durchaus auch einen Niveauunterschied ausgemacht.

 

Ist die personell leicht veränderte Mannschaft schneller zusammengewachsen als gedacht?

Das würde ich nicht sagen. Auf Grund unserer Jahre langen Jugendarbeit und den immer wieder erneuten Versuchen, Jugendspieler im Trainings- und Wettkampfbetrieb in unseren Leistungsteams zu etablieren, waren wir eigentlich schon gut miteinander verbunden. Es galt lediglich, das spielerische Niveau eines Jugend-Landesklassespielers an das Regionalliganiveau anzugleichen. Dass das gut gelang, lässt sich an der erneuten Meisterschaft ablesen. In Schöneiche leben wir die Volleyballfamilie. Wir achten auf eine frühzeitige gemeinsame Arbeit und vor allem auf einen guten Austausch neben dem Spielfeld.

 

Was gab aus Ihrer Sicht als Trainer den Ausschlag für den erneuten Titelgewinn?

Mit Sicherheit unser breiter Kader, aber auch das doch etwas schwächere Niveau im gesamten Regionalligafeld in dieser Spielzeit.

 

Gibt es den einen oder anderen Spieler, der aus Ihrer Sicht einen Leistungssprung nach vorn gemacht hat, was so nicht zu erwarten war?

Tatsächlich habe ich bei einigen durchaus Leistungssprünge erwartet, die aber auf Grund von Verletzung und nicht zuletzt Corona doch nicht eingetreten sind. Das finde ich ehrlich gesagt bedauerlich. Allerdings habe ich zum Ende der Saison Spieler auf dem Feld gesehen, die mich sehr erwartungsvoll stimmen hinsichtlich ihrer Entwicklung in den kommenden Spielzeiten.

 

Sie haben schon die corona-bedingten Einflüsse angesprochen, aber wie ist die Mannschaft damit im Training und Wettkampf umgegangen?

Schwierigkeiten gab es nur, wenn es corona-bedingte Ausfälle gab. Gerade zum Ende der Saison hin waren wir ein wenig von Corona gebeutelt. Insgesamt muss ich aber sagen, dass unser Team wie der gesamte Verein sehr gut mit diesem Problem umgegangen ist, die strengen Regeln eingehalten hat und sich immer wieder der neuen Situation wie auch den veränderten Gesetzeslagen gut angepasst hat. Auch das ist ein Zeichen für gut funktionierende Kommunikation auf alle Ebenen im Verein.

 

In den 20 Regionalligaspielen hat es nur zwei Niederlagen gegeben, beide Male ausgerechnet gegen den Berliner TSC - erst zu Hause mit 2:3 und später im Rückspiel sogar mit 0:3. Ist das ein Angstgegner für Schöneiche oder woran lagen die beide Spielverluste?

Nein, ein Angstgegner war der Berliner TSC nicht für uns. Wir kannten diese Mannschaft bislang auch nicht. Das war schon eine besondere Situation für uns. Anders als die meisten anderen Teams spielt der Berliner TSC mit einer sehr dynamischen jungen Mannschaft, die noch etwas gewinnen will und gewissermaßen ihr ganzes Volleyballeben noch vor sich hat. Das war eine besondere Situation. Kommt eine Jugendmannschaft erstmal so richtig ins Rollen, kann es für den Gegner sehr schwer werden. Das mussten letztendlich auch wir anerkennen. Speziell im Rückspiel fehlten dann bei uns auch noch entscheidende Spieler, was spielerisch nicht ausgeglichen werden konnte.

 

Kann sich die Mannschaft inzwischen auf eine solide Zuschauerkulisse bei Heimspielen stützen oder ist das Schöneicher Volleyball-Interesse mehr auf die erste Mannschaft fokussiert?

Das kann ich kurz und knapp mit Ja beantworten. Ich denke, anders als in sehr vielen anderen Vereinen, haben wir als zweite Mannschaft sogar mehr Zuschauerzuspruch, als die meisten Vereine mit ihrer ersten Mannschaft in der Regionalliga Nordost. Darauf sind wir berechtigt stolz.

 

Wie motiviert man als Trainer eine Mannschaft, die seit Jahren meisterlich erfolgreich spielt, aber eben nicht aufsteigen kann?

Das wird wohl ein „ewiges Geheimnis“ bleiben müssen. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass das in der kommenden Spielzeit nicht mehr so funktioniert hätte. Vermutlich hätte es doch einige Abgänge gegeben, wenn der Aufstieg in die Dritte Liga Nord nicht erfolgt wäre. Auf Dauer ist es zermürbend, gefühlt immer in den Urlaub fahren zu können und die Spiele in der Regionalliga trotzdem meist zu gewinnen. Gegen Teams zu spielen, die nicht mal einen Trainer an der Seitenlinie mitbringen oder nur mit sieben Spielern anreisen - das hat wenig mit Professionalität zu tun. Nun giert unsere zweite Mannschaft geradezu nach der Dritten Liga. Natürlich hat der Aufstieg unserer ersten Mannschaft in die 2. Bundesliga den Schritt eine Spielklasse höher möglich gemacht.

 

Sie haben mit Ihrer Mannschaft - im Gegensatz zu den Frauen - im üblichen Modus mit einer Staffel in Hin- und Rückrunde gespielt. Könnten Sie künftig einem Spielmodell mit zwei Staffel und einer Meister- und Abstiegsrunde etwas abgewinnen, zumal weniger Spieltag auch mehr Zeit für die Familie bedeuten würde?

Ja, es gab ja hierzu auch eine Abstimmung unter den nordostdeutschen Regionalligisten, die aus meiner Sicht leider negativ ausfiel. Es bleibt festzuhalten, dass wir heutzutage immer mehr Zeit für die Familie und für viele anderweitige Interessen eher den Vorzug einräumen. Die Zeiten haben sich geändert und die Prioritäten haben sich deutlich verschoben. Weniger Spiel-Wochenenden hätten mehr Flexibilität bringen können. Ich habe mich jedenfalls über das ablehnende Ergebnis der Umfrage in der Liga sehr gewundert. Mich würden tatsächlich die Gründe interessieren, warum das vorgeschlagene Spielsystem mit weniger Spieltagen mehrheitlich abgelehnt wurde. Zumal es auch deutlich mehr Spannung durch eine Meister- und Abstiegsrunde versprochen hätten.

 

Wird das Gesicht der Mannschaft mit Blick auf die nächste Saison weitgehend so bleiben oder zeichnen sich schon Veränderungen ab?

Wir verfolgen in Schöneiche das Prinzip, wonach alle Spieler des aufsteigenden Teams grundsätzlich auch im Team verbleiben dürfen. Natürlich muss punktuell geschaut werden, ob der neue und höhere Aufwand gestemmt werden kann und ob sich in einzelnen Fällen eine Verstärkung nicht lohnen würde. Allerdings werde ich auch in der kommenden Spielzeit unsere bewährte Linie fortsetzen, potenziell gute Nachwuchsspieler einzubinden und ihnen Spielzeiten einzuräumen. Es soll sich ja schließlich auch lohnen.

 

Heißt der Trainer in der kommenden Saison wieder Rene Jerratsch?

Die Antwort hängt im Wesentlichen davon ab, wie sich die Trainerfrage für die in der 2. Bundesliga spielende erste Mannschaft gestalten wird. Hier sind wir in vielen Gesprächen mit sehr guten Anwärtern. Je nachdem, was sich aus diesen Gesprächen ergibt, kann es auch sein, dass ich selbst die erste Mannschaft weiterhin betreuen werde. Dürfte ich es mir aussuchen, würde ich lieber das Team der zweiten Mannschaft weiterhin trainieren. Das gäbe mir vor allem die Möglichkeit, die bislang erfolgreiche Jugendarbeit fortzusetzen, was mir als Trainer der ersten Mannschaft nicht zuletzt aufgrund der Fahrten in der 2. Bundesliga wohl kaum gelingen dürfte. Mit meinen 41 Lenzen bin ich leider nicht mehr so flexibel, wie vor einigen Spielzeiten.

 

Sie spielen damit offensichtlich auf Ihren Arbeitsalltag an…

Ja, ich bin bei BIM, der Berliner Immobilienmanagement GmbH, zuständig für Leitungs- und Nachbarschaftsrechte des Landes Berlin und sehr eingespannt. Derzeit gestaltet sich mein Arbeitsalltag so, dass ich gegen 6 Uhr dienstlich präsent sein will, um etwa gegen 17 Uhr in der Sporthalle stehen zu können. Dort kommt dann das Jugend- und danach das Männertraining dran. Das geht jeden Tag so und am Wochenende ruft der Spielbetrieb. Ich denke, die meisten Trainer und Übungsleiter kennen diesen Alltag. In der kommenden Spielzeit ist zudem die Übernahme der heutigen U15/U16 geplant. Ein neuer Jugendjahrgang wartet auf mich. Ich möchte hier mein Engagement fortsetzen, damit auch in Zukunft das Maximale am leistungsorientierten Sport in Schöneiche herauskommt. Und darauf freue ich mich nach wie vor sehr.

 

René Jerratsch, herzlichen Dank für das Gespräch und Ihnen wie auch dem Volleyball in Schöneiche weiterhin viel Erfolg!

 

 

 

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