Trainerlob: Über die gesamte Saison unsere Leistung konstant abgerufen

Gespräch mit Marcel Auerbach, Trainer des neuen nordostdeutschen Regionalmeisters der Frauen, USV Halle Hurricanes

 

Der 32-jährige Coach Marcel Auerbach hat die Hurricanes in der Coronazeit von Axel Göbel übernommen und die Frauenmannschaft jetzt die zweite Saison trainiert und nun zum ersten Titelgewinn in der Vereinsgeschichte geführt. Es ist zugleich der erste Regionalmeister bei den Frauen, der aus Sachsen-Anhalt kommt. Mit 53 Punkten aus 20 Spielen wurde der Rückkehrer SV Energie Cottbus (51 Punkte) knapp distanziert. Hinter diesem Spitzenduo folgte mit großem Abstand der Absteiger USC Magdeburg (40 Punkte). Beruflich arbeitet der Meistertrainer an der Hochschule Merseburg als Lehrkraft im Bereich Werkstofftechnik. Mit dem Volleyball hat er, wie er erzählt, "in einem kleinen Dorf namens Reichardtswerben im Süden Sachsen-Anhalts angefangen, dann viele Jahre in Weißenfels gespielt und am Ende des Studiums noch ein Jahr in der zweiten Liga in Magdeburg gespielt". Jürgen Holz führte mit Marcel Auerbach das nachfolgende Interview.

 

Gratulation, Marcel Auerbach, zum Meistertitel. Ist es für Sie ein völlig erwarteter Meisterschaftsausgang?

Vielen Dank für die Glückwünsche. Eigentlich bin ich über den Titelgewinn nicht so richtig überrascht, denn unser Ziel war die Meisterschaft und der Aufstieg. Und dieses Ziel lag schon im Bereich des Möglichen. Natürlich habe ich uns vor der Saison zum Favoritenkreis gezählt, aber so eine Saison ist lang und man darf sich keine größeren Schwächephasen erlauben - gerade angesichts so starker Konkurrenz aus Cottbus.

Deshalb bin ich auch sehr froh darüber, dass wir die ganze Saison über unsere Leistung konstant abgerufen haben. Überraschend ist für micht eher, dass es der erste Titelgewinn in der Regionalliga der Frauen für Sachsen-Anhalt ist. Ich hatte eher vermutet, dass Braunsbedra oder Schönebeck als ehemalige Drittligateams vorher schon mal Regionalmeister geworden sind.

 

Nach dem Abstieg aus der Dritten Liga Nord hätte es wohl auch kaum Zweifel daran gegeben, etwas anderes als die Rückkehr anzustreben. Wobei Wunsch und Wirklichkeit bisweilen weit auseinanderliegen.

Es war natürlich so, dass wir uns nach der letzten Saison mit dem Abstieg zusammengesetzt und das Ziel Wiederaufstieg ins Auge gefasst haben. Doch so etwas ist kein Selbstläufer. Doch nachdem wir zu Saisonbeginn die Spiele in Magdeburg und gegen Cottbus knapp für uns entscheiden konnten, haben wir uns damit auch viel Selbstvertrauen für die weitere Saison erarbeitet, was wichtig für das gesteckte Saisonziel war. Auch das Umfeld spielt eine entscheidende Rolle für so einen Aufstieg. Wir haben hier in Halle eine große Konkurrenz an hochklassigem Sport und müssen auch bezüglich der Trainingszeiten und Spielhalle immer selbst wieder einiges organisieren.

 

Bleiben wir noch bei der Vergangenheit: Wie personell verändert ist die Mannschaft in die zurückliegende Saison gegangen?

Im Kern ist die aus der Dritten Liga abgestiegene Mannschaft erhalten geblieben. Wir hatten allerdings drei Abgänge auf der Libero-, Mittelblock- und Zuspielposition, die wir aber intern gut ausgleichen konnten. Zusätzlich konnten wir auch schon ein paar Jugendspielerinnen und Mittelblockerinnen aus unserer zweiten Mannschaft einsetzen, die uns bei mehreren personellen Engpässen sehr unterstützt haben.

 

Es war fast ein kompletter Durchmarsch auf dem Weg zum Titel mit lediglich einer Niederlage in 20 Saisonspielen. Wie ist das zu erklären, zumal die Konkurrenz viel Druck ausübte?

Das ist aus meiner Sicht die eigentliche Überraschung, nachdem wir in der Dritten Liga Nord doch einige Dämpfer zu verkraften hatten und im Laufe der letzten Saison in der Regionalliga auch einige personelle Ausfälle ausgleichen mussten. Der Durchmarsch war schon eine beachtliche Leistung des Teams. Dabei ist ja nicht zu vergessen, dass die zweitplatzierten Frauen aus Cottbus nur eine Niederlage mehr kassiert haben.

 

Wie motiviert man als Trainer eine Mannschaft, die fast von Sieg zu Sieg eilt?

Es gab immer wieder Highlights in der Saison. So waren die Sachsen-Anhalt-Derbys gegen Magdeburg und Braunsbedra und natürlich auch die Topspiele gegen Cottbus eine Herausforderung. Da wussten alle meine Spielerinnen, dass sie sozusagen abliefern müssen. Aber auch die Ergebnisse der anderen Teams haben uns immer wieder geholfen, den Fokus auf das nächste Spiel zu richten. Dabei ist es auch wichtig gewesen, dass man vor den Mannschaften im Tabellenkeller einen gesunden Respekt hat. Im Volleyball kann immer wieder viel passieren. Man muss das eigene Spiel Spieltag für Spieltag auf die Platte bringen.

 

Worin liegen die besonderen Stärken des Meisterteams?

Wir haben eine sehr junge und talentierte Mannschaft, die gemeinsam viel auf die Beine stellt, egal ob social Media, Sponsorensuche oder die Integration von Spielerinnen aus der Jugend oder der zweiten Mannschaft. Das alles zeichnet die Mannschaft aus. Rein spielerisch gesehen ist der Aufschlag schon unser Paradeelement. Da können wir alle Teams vor große Probleme stellen.

 

Gibt es Schwachpunkte, die immer wieder mal sichtbar werden?

Klar, es gibt immer Dinge, die besser werden müssen.So müssen wir unsere Fehlerquote beispielsweise im Angriff weiter reduzieren und beim Blick in Richtung Dritte Liga Nord bedenken, dass wir dort dem deutlich höheren Aufschlagdruck gewachsen sein müssen. Aber da haben wir uns in der letzten Saison auch ein entsprechendes Selbstvertrauen erarbeitet.

 

Welche Begegnungen waren die eigentlichen Knackpunkte auf dem Weg zum Meistertitel?

Die bereits genannten Highlights gegen Cottbus, Magdeburg und Braunsbedra. Das waren überwiegend enge Spiele.

 

Gibt es Spielerinnen, die sich letzte Saison beonders hervorgetan haben und eine Leistungssteigerung vollzogen haben, die so nicht unbedingt zu erwarten war?

Den größten Sprung hat letzte Saison definitv Lea Arnold gemacht. In der Abwehr und Annahme brachte sie schon immer viel Ruhe in unser Team, aber gerade im Angriff hat sie nochmal sehr viel Dynamik hinzugewonnen und sich gut entwickelt. Natürlich auch Anabell Ahlert zu nennen, die sich am Ende auch den MVP-Titel der Liga sichern konnte und mit ihrer Athletik und Einsatzbereitschaft viel Verantwortung übernommen hat.

 

Inwieweit drängen weitere weibliche Nachwuchstalente beim USV Halle immer stärker nach vorn?

Mit Karla Seidel und Elisabeth Dauday haben wir in der verganenen Saison bereits zwei U18-Spielerinnen aus dem Verein mehere Einsätze auf hohem Niveau ermöglicht. Doch auch im U16-Team, das unlängst die Nordostdeutsche Meisterschaft gespielt hat, sind schon ein paar Talente zu sehen, die hoffentlich in den nächsten Jahren an unsere erste Mannschaft herangeführt werden können und erfolgreich den Sprung in die Erwachsenenteams schaffen.

 

Sie haben es schon angedeutet: Als Regionalmeister nehmen Sie mit der Mannschaft das Aufstiegsrecht wahr und kehren in die Dritte Liga Nord zurück. Mit welchen Erwartungen geht die Mannschaft in die nächste Saison?

Das Hauptziel ist eindeutig der Klassenerhalt. Wir wollen es im nächsten Anlauf besser machen als bei der Drittligasaison zuvor.

 

Sind mit Blick auf den Aufstieg mannschaftliche Veränderungen oder personelle Verstärkungen zu erwarten?

Wir sind bereits mit einigen Spielerinnen aus der Umgebung in Kontakt und führen mit ihnen bereits Probetraining durch. Noch steht aber kein Neuzugang definitiv fest, sodass er bereits verkündet werden kann. Aber mit Sicherheit wird da noch etwas kommen.

 

Heißt der Trainer in der nächsten Saison auch wieder Marcel Auerbach oder gibt es ganz andere persönliche Überlegungen?

Nein, ich bleibe weiterhin Trainer der Hurricanes und freue mich auch darauf.

 

Ist das neuartige Projekt des DVV, bei den Frauen mit der Saion 2023/2024 die 2. Bundesliga Pro ins Leben zu rufen, auch mal ein Ziel der Hallenser Volleyballerinnen?

Ich versuche, niemals "nie" zu sagen. Denn wer weiß heute schon, was sich in einigen Jahren da so alles entwickelt. Aber das ist Zukunft. Erst einmal haben wir mit der Dritten Liga eine große Herausforderung vor der Brust und kümmern uns darum und nicht um Zukunftsprojekte des DVV.

 

Vielen Dank, Marcel Auerbach, für das Interview. Ihnen und der Mannschaft weiterhin viel Erfolg.

Back