Der Männer-Erstbundesligist stellt Insolvenzantrag, doch um den Bundesliga-Standort wird gekämpft
Die Nachricht kommt unerwartet und auch die Spieler sind einigermaßen verwundert: Die Ballsport-Liga GmbH als Träger des Erstbundesligisten Energiequelle Netzhoppers Königs Wusterhausen-Bestensee stellte am 19. April 2023 einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Bis zuletzt hatten die Verantwortlichen vor Ort alles dafür getan, diesen Schritt abzuwenden. Doch die wirtschaftliche Lage des Standorts hatte sich seit Beginn des Jahres 2023 immer schwieriger gestaltet.
"Ich weiß nicht, was ich sagen soll", reagierte Tomasz Wasilkowski, der Trainer der Netzhoppers, auf die neue Lage. "Die Situation ist traurig und enttäuschend." Zugegeben: Eine schwierige Saison mit Corona-Infektionen, Erkrankungen und Verletzungen liegt hinter den Netzhoppers, die schließlich mit Ach und Krach noch die Playoffs erreichten. Dort schieden sie aber gegen Lüneburg aus. Dennoch hatte sich keine Untergangsstimmung breit gemacht und sogar der Vertrag mit dem polnischen Cheftrainer war erst kürzlich verlängert worden. Zusammen mit dem renommierten früheren Spieler Dirk Westphal wurde sogar schon an der Kaderplanung für die nächste Saison gearbeitet. Doch nun ist die Zukunft ungewiss, und der Coach ist sich auch nicht vollends sicher, inwieweit er hier vor den Toren Berlins noch eine Zukunft hat.
Auch wenn die Nachricht über den Insolvenzantrag für viele überraschend kam, so ist unstrittig, dass der Verein schon seit geraumer Zeit in einer finanziellen Klemme steckt, weil die wirtschaftliche Situation vor Ort zunehmend schwieriger wurde und sich mehr und mehr verschlechterte. "Die Spieler und auch ich als Trainer haben schon seit Februar kein Gehalt mehr bekommen", schildert Wasilkowski, was natürlich problematisch sei, denn er habe Familie und Kinder. "Mir war natürlich klar, dass wir für die Spieler weniger Geld zur Verfügung haben, trotzdem habe ich die Insolvenz nicht erwartet. Manchmal zahlen die Sponsoren etwas später und wir haben als Verein eben gewartet." Wenn es nach ihm ginge, würde er auch hier bleiben. "Ich liebe diesen Ort und die Menschen hier. Es lohnt sich, bis zum Schluss zu kämpfen."
Alexander Neumann, der Aufsichtsratsvorsitzende des Vereins, unterstreicht, dass die Insolvenz noch nicht das Aus in der Bundesliga bedeutet. "Wir werden alles daransetzen, um den Profi-Volleyball in dieser Region für die Zukunft zu erhalten und mit der Mannschaft auch weiter in der Bundesliga zu spielen", gibt er sich vorsichtig optimistisch. Denn allen Seiten ist bewusst: Wenn sich der Verein aus der Bundesliga zurückzieht, wird es schwer, dorthin wieder zurückzukehren.
Inzwischen hat auch die Volleyball Bundesliga (VBL) reagiert und angekündigt, dass sich nach dem Antrag auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Lizenzierungsausschuss der VBL ein umfangreiches Bild von der Lage machen wolle. Dabei gehe es auch darum, so in einer VBL-Information, unter welchen Voraussetzungen ein Spielbetrieb in der Bundesliga in der kommenden Saison 2023/2024 aufrechterhalten werden könnte. "Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist nicht gleichbedeutend mit dem Entzug der Bundesligalizenz. Wir werden die Verantwortlichen und den Insolvenzverwalter dabei unterstützen, Lösungen zu finden, damit es auch in der neuen Bundesligasaison Volleyball in Königs Wusterhausen geben kann“, so der VBL-Geschäftsführer Daniel Sattler.
Zweifellos dürfte die Bundesliga ein Interesse daran haben, dass die Netzhoppers weiterhin dort mitspielen. Schließlich wurden erst unlängst die Anforderungen an die Lizenzierung gesenkt, um mehr Vereinen den sportlich gerechtfertigten Aufstieg zu ermöglichen und nicht an den finanziellen Hürden scheitern zu lassen, wie das in der Vergangenheit wiederholt der Fall war.
Jürgen Holz