Ein Gespräch mit André Zander, Regionalschiedsrichterwart im RSA Nordost
In den noch immer anhaltenden Pandemiezeiten war und ist es für den Sport von den untersten bis zu den obersten Spielklassen mehr als schwierig, sich zu behaupten. Das Coronavirus hat vielen einen Streich gespielt - ob geimpft oder nicht geimpft, ob im Training oder im Wettkampf. Es gehört in diesen schwierigen Zeiten schon viel Enthusiasmus dazu, dem Sport nicht einfach adé zu sagen. Das betrifft auch die vielen Ehrenamtler im nordostdeutschen Regionalverband, allen voran die Schiedsrichter und Schiedsrichterinnen, ohne deren unermüdlichen Einsatz eine Spielsaison überhaupt nicht denkbar wäre. Darüber sprach JÜRGEN HOLZ mit ANDRÈ ZANDER, langjähriger Regionalschiedsrichterwart im Regionalspielausschuss (RSA) Nordost.
Zunächst einmal zur besseren Orientierung: Wie viele Schiedsrichter und Schiedsrichterinnen sind im nordostdeutschen Regionalverband in dieser Saison mindestens einmal zum Einsatz gekommen?
In der aktuellen Saison haben wir meines Erachtens einen neuen Rekord aufgestellt: Wir hatten insgesamt 74 verschiedene Schiedsrichter und Beobachter aus unserer Region in der Regionalliga Nordost und bei den Heimspielen der Teams der Dritten Liga Nord im Einsatz.
Wenn Sie auf Ihre Schiedsrichtergilde blicken, dann reicht die Altersklasse der Amtierenden von bis?
Die aktiven Schiedsrichter sind zwischen 25 und 60 Jahren alt. Ab der nächsten Saison wird in Anlehnung an die Entwicklung der Bundesliga das Höchstalter in der Regionalligen von 60 Jahren auf 62 Jahre angehoben. Das heißt: Wer älter ist muss ausscheiden. In der Bundesliga beträgt das Höchstalter inzwischen 58 Jahre und in der Dritten Liga 60 Jahre.
Welche langjährigen Unparteiischen haben sich auch in dieser Saison durch vielfache Einsätze wieder besonders hervorgetan?
Sehr viele Schiedsrichter unterstützen uns durch ihren unermüdlichen Einsatz. In dieser Saison möchte ich besonders fünf Unparteiische hervorheben: Manfred Brommert und Daniela Raßmann mit jeweils 41 Einsätzen sowie Lars Ballhorn mit 39 Einsätzen, Lars Wuhnow mit 38 Einsätzen und Marie Rigaud mit 36 Einsätzen. Bei allen schließen die genannten Zahlen auch die Einsätze in der Bundesliga ein. Daneben unterstützten uns viele Schiedsrichter bei den nordostdeutschen Meisterschaften und Deutschen Meisterschaften. Diese Einsätze wurden bei meiner Aufzählung noch gar nicht berücksichtigt.
Sind darunter auch Männer und Frauen, auf die Sie künftig - aus welchen Gründen auch immer - nicht mehr zurückgreifen können?
Vier Schiedsrichter aus unserem nordostdeutschen Regionalverband erreichen in ihren Ligen die Altersgrenze und stehen uns zum Teil wahrscheinlich nicht mehr als Schiedsrichter zur Verfügung: Manfred Brommert und Munir Fattah pfeifen ihre letzten Bundesligaspiele, Ulrich Wegener hat am letzten Wochenende sein letztes Spiel in der Dritten Liga Nord geleitet und auch Dr. Albrecht Pfefferkorn erreicht die Altersgrenze für die Dritte Liga. Darüber hinaus scheiden natürlich auch immer wieder Schiedsrichter aus beruflichen oder familiären Gründen aus. Doch über unser Perspektivkader-Programm haben wir schon bei den nordostdeutschen Jugendmeisterschaften vielversprechende Talente entdeckt, die wir Schritt für Schritt an die Regionalliga heranführen werden.
Hat es im komplizierten Spieljahr 2021/2022 Situationen gegeben, wo aufgrund fehlender Schiedsrichter Spiele sogar gänzlich abgesagt werden mussten?
Nein, wir konnten erfreulicherweise alle Spiele in dieser Saison wie gehabt planen und dementsprechend ansetzen. Dazu muss aber ergänzend hervorgehoben werden, dass das zum Teil nur durch die Unterstützung der Bundesliga-Kader und von Schiedsrichtern aus den Regionalverbänden Ost und Nord möglich gewesen war. Sehr geholfen hat uns dabei auch, dass viele Spiele in beiden Staffeln der Regionalliga Nordost inzwischen auch sonntags ausgetragen werden, während die meisten Spiele der Dritten Liga und der Bundesliga samstags stattfinden.
Aber es steht zu vermuten, dass einige Male doch kurzfristig umdisponiert werden musste, um alles unter Dach und Fach zu bekommen. Richtig so?
Ja, das ist zutreffend. Durch Covid-19-bedingte Spielabsagen und kurzfristige Bundesliga-Ansetzungen aufgrund der Playoff-Spiele mussten viele Schiedsrichter gerade in den letzten Wochen sehr flexibel in ihrer Wochenendgestaltung sein. Es gab tatsächlich sehr viele Umplanungen. Für diese hohe Flexibilität der Schiedsrichter und für die große Umsicht unseres Einsatzleiters Martin Auricht möchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken.
Sind Sie auch zufrieden damit, dass ausreichend Nachwuchs ins Ehrenamt aufrückt oder woran klemmt es hier?
Obwohl es in der Saison 2020/2021 auf Landesebene Corona-bedingt nahezu keine Spiele gab, ist es unseren drei Landesschiedsrichterwarten aus Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt gelungen, einige neue Perspektivkader zu benennen, die wir nunmehr systematisch fördern. Diese gute und berechtigt hervorzuhebende Zusammenarbeit ermöglicht es uns, ständig neue Talente zu entdecken. Das ist letztendlich auch die Grundlage einer erfolgreichen Weiterentwicklung dieser talentierten Schiedsrichter über die Regionalliga und Dritte Liga hin zu Bundesliga-Schiedsrichtern. Hier ist der nordostdeutsche Regionalverband weiterhin führend in Deutschland. Diese gute und konstruktive Arbeit in unserem Regionalschiedsrichterausschuss sowie der große Pool an Ausbildern sind das vielzitierte „Geheimnis“ unseres Erfolges.
Oft genug, das kann man in den Spielhallen leider immer wieder beobachten, sind gerade die Unparteiischen besonders seitens der Verlierer die Buhmänner auf dem Spielfeld. Hat sich an diesem unsportlichen Verhalten wenigstens etwas geändert? Überwiegt mittlerweile der Respekt von Spielern, Trainern und Betreuern vor der Leistung des Schiedsrichters oder der Schiedsrichterin?
Gerade die aktuelle Entwicklung stimmt mich sehr positiv. Denn trotz aller beruflichen und sportlichen Probleme durch COVID-19 in unserer Gesellschaft gab es in dieser Saison nur sehr wenige Fälle des unsportlichen Verhaltens gegenüber den Schiedsrichtern oder auch gegenüber dem Gegner. Ich denke aber auch, dass daran die Langzeitwirkungen des vor einigen Jahren beschlossenen Ethik-Codes im Umgang miteinander ihren Anteil haben.
Nun haben Sie sich als nordostdeutscher Regionalschiedsrichterwart für die zur Neige gehende Saison 2021/2022 für die rund 70 Schiedsrichter und Schiedsrichterinnen eine kleine Überraschung einfallen lassen. Können Sie dazu etwas mehr sagen, ohne gleich ein Geheimnis zu verraten?
Diese Saison war für alle Schiedsrichter und Schiedsrichterinnen eine große Herausforderung. Das verlangte von ihnen, wie schon eingangs betont, aufgrund von kurzfristigen Spielverlegungen viel Flexibilität und nicht zuletzt auch mehr Einsätze als in den vorherigen Spielzeiten. Es war also ein Höchstmaß an Einsatzbereitschaft gefragt, und das alles neben Familie und Beruf „nur“ für ein Ehrenamt, für das sie alle sehr viel Freizeit opfern. Aus diesem Grund soll allen unseren Schiedsrichtern und Schiedsrichterinnen auf besondere Art gedankt und ihnen der Saisonabschluss im wahrsten Sinne des Wortes versüßt werden. Sie haben es allemal verdient! Mehr soll an dieser Stelle nicht verraten werden.